Samstag, 13. Oktober 2007

Fiebertraum

Wie schnell sich das Leben entfernt.
Man wähnt sich gerade noch in seiner Mitte
und setzt sich nur kurz, schon künden sich Schritte
des Abschieds – ein Wesen entkernt.

Wie schnell man das Leben verlernt.
Noch eben genießt man in Zügen voll Tiefe
den Himmel, der schwärzer nur selten entschliefe,
nun ist nur der Geist noch besternt.

So ausgehöhlt leidet man nicht mal an Leiden,
kann Schmerzen durch schmerzliche Risse vermeiden
und dennoch entscheidet sich niemand dafür.

Nur kann man nicht wählen – in nächtlichen Zwängen
vernimmt man auf Gängen, wie Stimmen vermengen,
Gesang als gespenstische Kür.

Freitag, 12. Oktober 2007

Die inneren Werte

Ich kenne Deinen Namen nicht einmal,
doch ist mir Deiner Schönheit Gegenwart
ein Zauber, der in meinem Sinn verharrt,
ein Freund, der mich zu meinem Glück befahl.

Und wüsst‘ ich nicht, wie’s Laufen richtig geht:
Ich sähe Deiner Füße feinen Schritt,
vergaß bald allen Stillstand, den ich litt
und rannte wie ein Wind, der mutig weht.

Das Sehen wird in Deiner Augen Braun
erst wirklich lohnend – erst durch Dich ein Trick
des Lebens, das in Deinem tiefen Blick
sich spiegelt – mich ermutigt, auch zu schau’n.

Nur kennst Du auch das ganze Gegenteil
und annullierst die and’ren Zauber ganz
durch diesen kalten, klaren Wasserstrahl.

Denn öffnest Du den Mund und bietest feil
an Worten, was der schönen Lippen Tanz
entsteht, wird all die bunte Pracht mir fahl.

Dann gibst Du Preis, was niemand ahnte, weil
Die atemlose Schönheit wie ein Kranz
die Dummheit schmückt, verdeckt das dunkle Mal.

Donnerstag, 11. Oktober 2007

Kind der Stadt

Ohne auch nur einen Satz zu sagen
schweift und streift er durch die rege Stadt,
deren Puls ihn angeleitet hat,
wieder neu den treuen Bund zu wagen.

Ohne Zagen, ohne Zögern schreitet
Fuß vor Fuß sein Schatten durch die Stadt,
gleitet über Wände, sieht sich satt,
malt den Umriss dessen, der ihn leitet.

Ohne Barrieren, ohne Trennen
ist er so intim mit dieser Stadt,
wie er nie mit Menschen, die ihm matt
und fremd erscheinen, je sich könnte kennen.

Mittwoch, 10. Oktober 2007

Versöhnliche Harmonien

Musik, mich zu versöhnen mit der Welt,
mit diesem Berg an leichter Existenz.
Ein Trieb, sie zu verhöhnen mich befällt,
doch ist sie das nicht wert in meinem Lenz.

Mir blühen fruchtig reiche Melodien,
wertvoll, teuer, eben weil so schlicht.
Da habe ich der Umwelt schnell verziehen,
dass manchmal sie im Innersten mich bricht.

Mir angedeihen feine Harmonien,
in ihrem Tonspiel frech und groß und feist
und sind mir auch beim letzten Mal gediehen,
noch heut‘ von ihrer Schönheit zehrt mein Geist.

So liege ich, die Ohren voller Klänge,
das Weltgeschehen blasser Hintergrund,
der manchmal flackert, fast als ob er dränge
durch den Nebel, meinem bunten Schwund.

Alles schwankt und gibt die Töne wieder,
die Frequenzen manchen Vibration,
so entstehen wahre Lebenslieder:
Nur durch Fließen, Ton um Ton um Ton.

Dienstag, 9. Oktober 2007

Eine feine Tanzgesellschaft

Alles wankt mit feinen Schritten
lächelnd zum Dreiviertelmaß.
Herren fragen „Darf ich bitten?“
nach dem dritten Perlweinglas.

Damen dürfen in Kostümen
gleichsam einer Modeschau
stolz flanierend ihrer rühmen,
Herren wird’s im Herzen flau.

Wie zu besten Kaiserzeiten
glitzert alles, glänzt, brilliert.
Dieser Adel – schon von weitem –
gibt sich freilich höchst geniert.

Nur auf einem einz’gen Orte
findet Glanz fürwahr nicht Platz:
Wenn die Wiener Sachertorte
aus dem Darm fliegt, mit Rabatz!

Montag, 8. Oktober 2007

Untreue

Im Zweifel für den Angeklagten,
doch bin ich kein Agnostiker.
Was and’re sahen, and’re sagten
Trifft mich und verletzt mich schwer.

Da wird der Baum in seiner Zierde
betoniert in meinem Sinn.
Nein, sowas kann nur die Begierde,
derer ich kein Herr mehr bin.

Doch was ist Treue? Was ist Lieben?
Was ist Hoffen? Kinderkram?
Ist denn wirklich nichts geblieben?
Bleibt mir nur der Spott zur Scham?

Tausend Mäuler fressen gierig
Mein Gehirn, weil’s sich belügt.
Alles ist halt etwas schwierig,
wenn sie einen so betrügt.

Sonntag, 7. Oktober 2007

Der Falke

Die Flügel im weitesten Abstand gehalten,
der Kopf und der Hals als verlängerter Rücken,
den Aufschwung erwartend, oh Winde beglücken
durch Thermik den Falken, er kann sich entfalten

und hier kann er walten, der König der Lüfte,
sein Blick schweift durch Täler, in Berge gegossen,
der Aufstoß erfasst ihn, er steigt wie auf Sprossen,
erhaben verlässt er die niedrigen Klüfte.

Und später, im Horst, wenn er atmet und wartet,
die prächtigsten Berge weit hinter sich weiß,
dann scheint er schon weniger edel geartet.

Dann wirkt er gewöhnlich – vergangen, was war
Und erst, wenn er wieder voll Anmut, doch leis‘
In Lüfte stößt, wird er von Neuem zum Zar.