Samstag, 1. September 2007

Dem Nervenden einfühlsam entgegnet

Wenn Du nicht dauernd insistiertest, würde
niemand jemals Kenntnis davon haben,
Du bildest Dir den "Fehler" als die Bürde
Deines Lebens ein und scheinst Dich d'ran zu laben!

Nun lass es doch bewenden - Deine Gründe
sind, wie der "Fehler" selbst, doch ganz egal.
Befrei von Deiner selbst erschaff'nen Sünde
doch endlich uns're Ohren, sei normal!

Wenn Dich Dein Anspruchsdenken nun bedrückt,
dann halt den Mund - erklär' es Dir gedacht!
Wir, für uns'ren Teil, sind nicht verrückt -
wir hätten's längst vergessen, über Nacht!

Freitag, 31. August 2007

Im Walde

Über dem Walde erhebt sich ein Rauschen,
vertraut und besänftigend weht es dahin.
Gräser errichten sich, leise zu lauschen,
haben für's Atmen der Lichtung viel Sinn.

Blätter im Winde, bekanntes Motiv,
ein Zeichen des freien Genusses des Schönen,
das stets uns umgibt. Ein König, der schlief,
erweckt seine Äste, das Aug' zu verwöhnen.

Ein hölzerner Riese wacht erfurchtgebietend
Geschicken des Waldes, die unter ihm sind.
Sein Auge ist mächtig, die Lichtung vernietend
erstrahlt es in grünlicher Pracht dort im Wind.

Sein Wehen ist friedliche Mahnung den Gästen
des Schauspiels, zu hören, was Gott ihnen schenkt.
Und nicht zu verpassen die Vielzahl von Festen,
die einfach geschehen, natürlich gelenkt.

Donnerstag, 30. August 2007

ohne Kunst

Manche Menschen leben ohne Kunst,
heißt: ein Leben ohne Gottes Gunst,
heißt: ein Winteratem, der nicht sichtbar,
heißt: ein Frühlingsmorgen ohne Tau,
heißt: ein Sternenblitzen, das nicht licht war,
heißt: ein Sommerabend, der nicht lau,
heißt: ein Käfer, der nicht brummt beim Fliegen,
heißt: ein Dichter, ohne Lust am Schreiben,
heißt: zigeuner, die am Flecke bleiben,
heißt: zwei Tauben, die sich nur bekriegen,
heißt: ein Sonnenaufgang ohne Rot,
heißt: ein Sonnenuntergang in Not,
heißt: romantisches Gedicht ohn' Mond,
heißt: ein Schneckenhaus, stets unbewohnt,
heißt: ein Brief, nicht handschriftlich verfasst,
heißt: mit selber Meinung diskutieren,
heißt: ein Lehrer, der das Lehren hasst,
heißt: ein Wald, verlassen von den Tieren,
heißt: ein arbeitsreiches Wochenende,
heißt: ein Kater ohne Eleganz,
heißt: ein Augenfunkeln ohne Tanz,
heißt: ein Pantomime ohne Hände,
heißt: ein Pfarrer, der nicht hofft beim Glauben,
heißt: ein Obstsalat, ganz ohne Trauben,
heißt: ein Moor in Schottland ohne Dunst,
heißt: ein Menschenleben - ohne Kunst.

Mittwoch, 29. August 2007

Hunger, Raubtier - eine Metapher

Magere Beine dem Hunger als Säule,
tagelang fasten in fraßlosen Wochen.
Monate nagen an sichtbaren Knochen,
keifend jagt Todesangst eitrige Fäule.

Wenn sich der Körper schon gegen sich wendet -
Krämpfe im Magen als stiller Protest -,
weiß sie, dass einen das Leben verlässt,
Leben als Pest, der Körper verendet.

Auf einmal erblickt sie die laufende Speise,
Speichel im Überfluss läuft aus dem Maul,
jeder Rezeptor gespannt, dennoch leise.

Durch seinen Tod wird das Leben erhalten,
bald gibt das Opfer, dann reglos und faul,
Hyänen Wärme, um selbst zu erkalten.

Dienstag, 28. August 2007

Erwachsenenzeug

Was macht denn nur die Mama dort?
Warum hat sie nichts an?
Ich geh' mal lieber wieder fort,
nur: Wer ist dieser Mann?

Ich glaub', der tut der Mama weh,
auch er ist splitternackt.
Sie turnen, so wie ich das seh',
jetzt hat er sie gepackt...

Er grunzt ganz lustig vor sich hin
und Mama äfft ihn nach!
Wie spaßig ich am kichern bin,
als er es unterbrach.

Jetzt setzt sie sich noch auf ihn drauf:
Sie hat ihn wohl besiegt!
Und hoch und runter, ab und auf,
wird weiter sich bekriegt!

Und plötzlich stöhnen beide laut,
hab' ich mich g'rad erschreckt!
Ich hab' gedacht, dass er sie haut,
zum Glück bin ich versteckt!

Nur: Warum lächelt sie ihn an?
Ich geh' jetzt echt in's Bett.
Und morgen frag' ich Papa dann,
ob er's verstanden hätt'!

Montag, 27. August 2007

Sich selbst am nächsten

Traurig bedenkt mich der weinende Himmel
mit einigen Tropfen voll klärender Kraft.
Die Kühle entreißt mich dem eit'len Gewimmel,
ein Abgrund von Menschen, der zwischen uns klafft.

Ein Leben voll Hähme, ein taubes Gefühl,
und lähmend beschenkt mich mein stolzer Entzug,
ein Wenig von Freiheit erlange ich kühl,
Triumph? Ja, mit Bitterkeit, die in mir schlug.

Ich schreie den Wolken mein Siegesgebrüll,
verzehre mein Echo als öffnenden Ruf,
denn offen erst sehe ich all diesen Müll,
verzeihe mir, dass man so menschlich mich schuf...

Ein Fazit getarnt als Intermezzo

Ich muss um Verzeihung bitten.
Zum einen wegen der inzwischen recht ansehnlichen Zeitspanne, die ich nichts von mir hören ließ, zum anderen aufgrund meines Unwillens, die Ergebnisse der Umfrage ein wenig öffentlich auszuwerten.
Letzteres zuerst.
Ich bin geehrt und erfreut, dass fünf von sechs Lesern nichts auszusetzen hatten. Ich hoffe, dass bald noch mehr Lyrikfreunde und -genießer (und vielleicht sogar -er) diese kleine Plattform zur Kenntnis nehmen werden und von ihr zehren mögen - was diesen Punkt betrifft, möchte ich euch bitten, geneigte Bekannte bei günstiger Gelegenheit auf diese Möglichkeit hinzuweisen und danke für jedes Engagement. Nichtsdestotrotz ist es schon jetzt größtes Bedürfnis und Freude, dass aus der simplen Eigenreflektion und Medium zum Antrieb ein wenn auch kleiner Treffpunkt von Menschen geworden ist, die dies regelmäßig und gerne aufrufen und aufmerksam verfolgen.
Deutlich geworden ist in der Umfrage, dass ich mehr Informationen bringen soll - dies ist in der Tat seit einiger Zeit deutlich zu kurz gekommen, erst recht wenn bedacht wird, dass auch mir daran gelegen ist, ein wenig zu "lehren", wenn man das so nennen möchte. Entschuldigt werden kann und soll dieses Versäumnis an dieser Stelle selbstredend nicht, aber erklären möchte ich es mit einem turbulenten Semester und seinen Nachwirkungen. Es sei aber auch auf die geplante Vorstellung der Gedichtart des Haikus hingewiesen, einer gerne unterschätzten Art des Gedichts, welche so sehr wie sonst keine die Gratwanderung zwischen Jedermannssprüchlein und Kunst verkörpert. Ebenso wird die Hexameterdichtkunst untersucht werden - relevant insbesondere, weil antike Autoren wie Homer gewaltige Teile ihrer Werke in diesem Versmaß verfassten. Mehr dazu später.
Dies soll als kurze Auwertung genügen, ich danke für die Beteiligung, auch, weil sie Lebenszeichen jener stillen Konsumenten war, die ich zwar wähne, doch selten weiß. Umso erfreulicher.

Nun zu dem anderen Punkt.
Mein Internet (wie ich hörte, sagen manche "Weltnetz", um dem Anglizismus auszuweichen - was ist davon zu halten? Ein Ausweichen jedenfalls ist es, kein Verdrängen.) beschränkt sich derzeit aufeinen Rechner, der nicht meiner ist, meine Zeit ist demnach begrenzt und ich will sie begrenzt wissen, damit man sich auf Wesentlicheres konzentrieren kann. Dass ich nebenbei noch dichte, sei versichert. Nur habe ich bislang keinen der Ergüsse online (was würde man da wohl auf deutsch sagen?) gestellt. Dies soll sich ab heute ändern, ich hoffe es gefällt. Es ist interessant, mal wieder mit Stift und Papier zu schreiben, ich glaube, die Gedichte sind dadurch anders geworden.
Viel Spaß mit ihnen.

Aron

Sonntag, 26. August 2007

Kauz

Menschen erleben die freudige Feier,
wo zahlreiche bunte Kostüme erstrahlen,
sie scheinen den Taumel noch bunter zu malen,
und Lachen und Späße – sie machen noch freier!

Alle gemeinsam zur Welle, man schreitet
in riesigen Schritten mit Tröten und Fahnen,
verkleidet mit Masken, die Fröhlichkeit mahnen,
und führen muss niemand – die Stimmung, sie leitet!

Und während sich alle so gut amüsieren
fixieren wir vorsichtig einen der Gäste:
der Sonderling, Spinner, der Kauz ist dabei.

Und keiner beachtet sein seliges Stieren,
sein Lächeln, das wissen lässt: Dies ist das Beste,
mit andern zu feiern, im Stillen, so frei.