Samstag, 25. August 2007

Der größte Optimist der Welt

Er sagt andauernd, alles wäre
schön und alles gut.
Er schwebt in einer rosa Sphäre,
mangelt nie an Mut.

Alle sind so richtig lustlos,
fragen sich gequält:
„Mensch, wo lässt der seinen Frust bloß?
Weiß der nicht, was zählt?

Sieht der nicht, wie schlecht die Zeiten
sind, wie schlecht es geht?
Haben dem die Alltagsweiten
denn den Kopf verdreht?

Fehlen diesem Spaßfantasten
Tassen denn im Schrank?
Hat er Übermut vom Rasten?
Ist er einfach krank?

Hat denn dieses arme Irre
keine Wirklichkeit?
Idiot, Du bist ja kirre,
werd’ doch mal gescheit!

Sag doch endlich auch, dass schlimmer
es nicht könnte sein!
Stimm doch ein in das Gewimmer,
sieh’s doch endlich ein!“

Solchermaßen hört der Arme,
nur versteht er nicht,
Warum ist denn alles Warme
nicht in ihrer Sicht?

Konfrontiert mit dieser Lücke,
fragt er sich weshalb
wird aus jeder kleinen Mücke
Elefantenkalb?

Traurig sieht er Pessimisten,
die noch stolz darauf,
dass sie schon die Flagge hissten
während gutem Lauf.

Während alles (wie auch heute!)
wunderschön noch war.
Bald schon folgten alle Leute
ihm, der sich gebar.

Doch ihren Kummer muss man teilen,
anders kann man nicht.
Allem mag man froh enteilen,
nicht doch dem Gesicht,

welches mit so stummen Worten
blöd sein Glück beschreibt,
weil’s nicht sieht, welch schönen Orten
es sein Wesen treibt.

Wer sein Glück für wertlos achtet…
dumm, wenn er’s nicht mag.
Glück, das muss man wollen! Pachtet
man nur jeden Tag

voller stumpfen Pessimismus,
kann man’s halt nicht haben.
Optimist und Altruismus,
das sind Wollensgaben!

Der Optimist hat heut kein Geld
doch das hätt’ nichts gemacht.
Der größte Optimist der Welt,
hat sich heut umgebracht.

Der konnte all die dummen Klagen
länger wirklich nicht ertragen,
wo doch voller Schönheit ist,
was sich auf der Erde misst.

Verdrehung

Im Gefecht des Eifers eiferst Du nicht schlecht,
im Geschlecht des Keifers geiferst Du Dich recht,
im gerechten Schleifer zweifelst Du kein Pech,
im Gemächt des Pfeiffers pfeifft…aber das gehört nicht hier her.

Freitag, 24. August 2007

In einer klaren Nacht

Schwimm mit mir im Himmelsfundament
und das Universum wird zum Meer.
Übervoll und doch unendlich leer,
alles fremd, obwohl man es lang kennt.

Tauch mit mir in was man Weltall nennt
und entdecke still das Sternenheer.
Überhell gedämpft, an Sternen schwer,
nichts, was mich von ihrer Weisheit trennt.

Einzig Du erstrahlst in ihrem Glanze,
spiegelst ihre Zartheit, ihren Stil,
komplettierst als letztes Stück das Ganze.

Deine Wirkung wortreich zu benennen
muss im Ansatz scheitern, viel zu viel
gibst Du mir, wo Worte stets nur trennen.

Donnerstag, 23. August 2007

Meine Kreise

Die Welt entdreht sich mir in kleinen Kreisen,
jeder dieser Vögel ist mir neu,
alles sehend, kindhaft, ohne Scheu,
finde ich mich wieder unter Waisen,
weiß ich selbst doch nicht so ganz genau,
welchem Weg man folgen, welchem trauen
soll, und will mit Schritten nichts verbauen,
jeder Schritt riskant, die Winde rau,
die Menschen zeigen leidlich nur Grimassen,
ohne Inhalt, oder mir zu reich
an Dingen, die gesagt, doch niemals gleich
gemeint sind, tausend Worte - keins zu fassen,
kann ich darum hassen, was ich mache,
wie ich stehe, wie ich stumm verweile,
mich nicht dumm beeile, sondern Zeile
um Zeile aneinanderreihe, lache,
dann den Kopf erhebe, innehalte,
und die Stille, diese eine Stille
in mich sauge - wäre sie mein Wille,
säh' ich mich, wie ich die Erde falte.

Mittwoch, 22. August 2007

Ein Wort auf Reisen

Ein Wort versuchte, Sinn zu machen,
klappte leider nicht.
Konnte d’rüber gar nicht lachen,
sucht’ sich ein Gedicht.

Suchte reimgeschmückte Zeilen,
dachte: Reicht schon aus!
Wollte endlich dort verweilen,
komfortables Haus.

Leider, merkte es recht schnelle,
ist es nicht genug.
Reim allein macht noch nicht helle,
wär’ ja auch Betrug.

Weiter ging die große Reise,
kläglicher Versuch,
wird dem Wort auf seine Weise
Anspruch denn zum Fluch?

Steht es denn nicht schon alleine
für so vieles ein?
Ist ein Wort, wie ich es meine,
nicht allein schon rein?

Unser Wort, ihr ahnt es nämlich,
suchte noch nach mehr.
Das ist jedenfalls nicht dämlich,
dachte: Sinn muss her.

Darum hab’ ich’s aufgenommen,
tat mir irgend leid.
Hat jetzt seinen Platz bekommen –
Hier. Auf alle Zeit.

Dienstag, 21. August 2007

Gedankenstrudel

Ein tosender Strudel umrundet die Mündung,
umbrandet Gedanken, so vieles verfliegt,
es prasselt mich nieder, doch stehe ich auf,
ein wenig, so scheint es mir, ohne Begründung,
doch braucht man denn Gründe, stets Gründe zuhauf?
Gebrochener Spiegel voll Fragen, er liegt
zu Füßen zersplittert mir, bebt wie ein krankes Tier,
darf man es streicheln? Ich darf mich wohl fragen,
warum meine Fragen so klagend dort krächzen,
entsagend dem Schönen, ist Frage denn hier
ein Zeichen von Leid nur und niemals an Tagen
und Nächten auch Freude, auf dass man d’ran lechzen
sich kann und vergessen, was eben vergrätzt,
ein ekliger Hauch dieser ekligen Wunde
und dennoch: Die Kunde, sie mundet noch besser,
wo alles im Kreise, der nichts höher schätzt
als selbst sich, die Selbstsicht im eisernen Bunde
mit allerlei Blumen – dazwischen ein Messer.

Montag, 20. August 2007

Aufrichtig = Unbequem?

Denkst du, ich bin unerschütterlich?
Hälst Du im Innern denn für tot?
Sprichst Du mir so gar nicht mütterlich,
leide ich im Stillen große Not.

Weine ich nicht bitterlich genug?
Sind Dir meine Tränen denn nichts wert?
Ist es nur mein Ego, das ich trug,
welches Dir den Eindruck so verkehrt?

Sind denn meine Fragen nun tabu?
Möchtest Du nicht selber, dass ich frag'?
Hörst Du mir denn wirklich richtig zu,
wenn ich was zu Deiner Wahrheit sag'?

Manchmal zweifele ich vor mir her,
frage mich wohl Stunden: Bin ich schlau?
Bin ich schlau genug und nicht nur sehr
wortgewandt – ist das nicht ganz genau
der Fehler, der mich enthumanisiert?
Hab' ich nicht verdient, gemocht zu werden?
Warum ich für Fragen attackiert
werde, werd' ich nie versteh'n auf Erden.

Sonntag, 19. August 2007

Sprache gegen Gedanken (Grenzen)

Alles fließt bei mir im Kopf, nur nicht die Sprache.
Nichts entsteht zu Ende, kaum ein Wort, kein Satz.
Vor mir nur Fragmente – Reste einer Lache,
die nicht besteht, doch nicht vergeht; ein Trauerschatz.

Fühl' ich mich ein bisschen wie ein kleiner Dichter,
mahne ich schon wieder, gleichsam Richter mir,
nicht zu überflügeln, was mir selbst noch lichter,
immer besser schien, weil's ist: Ein Stück vom Hier.

Akzeptiere ich, dass ich nur Sprachensklave,
dass ich nur ein Opfer meiner Möglichkeiten
bin, verstehe ich das Dichten als Konklave,
als Gefängnis, Zeuge dieser engen Weiten.

Unterwerfung also mag zwar wahr, doch dumpf,
destruktiv wie Nihilismus sogar sein.
Ich verneine zwar so manches, doch mein Rumpf,
ja, mein Rückgrat hinterblickt den Trotzesschein.

Dann, und voll Erkenntnis allzu ganz erfüllet,
widme ich mich wieder dem Gedichtpapier.
Dann jedoch wird alles, was ich schlau enthüllet
nichtig. Weil ich mich vor dem Gedicht genier'.