Samstag, 4. August 2007

Alte Freundschaft

Lass die alten Wesen wieder kochen!
Oh, wie endlos schön gewürzt es wird,
all die Düfte, die wir nicht mehr rochen,
seit wir die Bekanntschaft unterjochen,
kommen umso schöner angeschwirrt.

Nichts von dem versalzt der zweite Koch!
Diesmal irrt das Sprichwort, siegt das Leben!
Schließlich hat die Wahrheit immer noch
hier das sagen – Nase, die es roch,
für das Leben kann's nichts schöner geben!

Oh, wie triumphier'n die Endorphine,
tanzen alle Zellen jener Sinne,
deren gutes Spiel zu uns'rer Mine
kreativer als zuvor nun schiene,
und man fürchtet furchtsam, dass man spinne.

Zeit des Abstands, schwer zu überbrücken,
Zeit des Ungewiss, die Zeit der Frage.
Überwindet man jedoch die Tücken
jener Tage, schlägt aus Weisheit Brücken –
Umso schöner! Misserfolg der Klage!

Alte Freundschaft zu verleugnen geht nicht.
Jeder Bund, der einst solch Kraft besessen
wird besteh'n, denn niemals, nie!, verweht Licht,
niemals geht zuneige, niemals dreht Sicht
derart um. So schön, das nie-Vergessen!

Freitag, 3. August 2007

Kleine Undiszipliniertheit

Ein kleiner Seufzer, hörbar kaum, doch da.
Ein wenig Luft nur, artig ausgelassen.
Niemand konnt' es hören, war ihr nah.
Ihr Gast ist Einsamkeit in rauen Massen.

Beschweren d'rüber würde sie sich nie.
Nur dieser Seufzer, klein und kaum zu hören,
der entwich in ihrer Lethargie.
War er wirklich da? Sie würd' nicht schwören.

Nur ein wenig Atem mit Geräusch,
lang nicht lang genug, sich zu entfalten.
Eines zeigt er – wenn ich mich nicht täusch' –
sie sehnt sich sehr nach Menschen, die sie halten.

Donnerstag, 2. August 2007

Trostlosigkeit

Manchmal ist man hilflos überlassen
jenen Tagen, deren Freund man nicht
zu sein vermag, solch Tage ohne Licht
und auch der Schatten droht schon, zu verblassen.

Verleugnet auch der Himmel jede Farbe,
kann die Welt im Ganzen nicht entsteh'n.
Man selbst, als Teil von ihr muss seh'n:
Die Stunden werden heute nur zur Narbe.

Und Grau und Grau umarmen sich recht herzlich.
Und kalter Wind pfeift spöttisch seinen Hohn.
Und nichts kann mir das Sein im Heute geben.

Die langen Stunden gehen kalt und schmerzlich,
man hofft zuletzt, die Nacht erwächst zum Lohn,
vielleicht gebärt die Dunkelheit mir Leben.

Mittwoch, 1. August 2007

Heute kein Gedicht

Heute kann ich kein Gedicht verfassen,
wie auch – dafür braucht man Geist und Sinn!
Geistig aber muss ich mich heut' hassen,
weil ich einfach unzufrieden bin.

Das alleine wär' nicht problematisch,
mein Verdruss jedoch ist ohne Grund.
Sinnlos starren, nahezu apathisch,
kommt mir vor wie schwerer Geistesschwund.

Tausendfach belästigen Gedanken
mich, als schlug ich selbst mir in's Gesicht.
Tausend Geister, die wie Ranken ranken,
kranken meinen Sinn, der sinnend bricht.

Oh, fragil, das Wortspiel, das erschaffen.
Noch fragiler scheint mir dieser Text.
Sinn und Geist – sie beide müssen gaffen,
dass auch ohne sie ein Spruch erwächst.

Dienstag, 31. Juli 2007

Zugfahrt

Ich glaub mir birst die Nase gleich,
die Augen füllen Tränen.
Als wär die Luft Gestanks nicht reich,
muss neben mir der gähnen.

Ich drehe mich dezent beiseite,
setze mich ein wenig um,
greif in Kaugummi (das zweite),
schreiend rennen Kinder rum.

Techno schallt den Gang herunter,
irgendwer zersägt sein Ohr,
und die Bässe, hach wie munter,
steigen, rumms!, zu uns empor.

Etwas weiter futtert g'rade
irgendwer ein halbes Rind,
schön mit Knoblauchpromenade,
deren Opfer wir nun sind.

Auch der Schaffner, nicht geruchsblind,
wendet sich behände ab.
Plötzlich freut mich, dass die hier sind –
weil ich keine Karte hab'!

Montag, 30. Juli 2007

Bitte mit guten Sitten

Dieser Mensch entbehrt der guten Sitten,
seine Sprache – flegelhaft und rau!
Diese Mängel stellt er stets zur Schau,
sagt, als wär' es ehrhaft „Schwanz“ und „Titten“!

Gestern war es, als ich ihn ersuchte,
bat ihn höflich, sein Vokabular
doch zu überdenken – nur, was war?
„Dumme Kuh!“, so sagte er, „Verfluchte!“

Manchmal möchte ich vor Wut ihm sagen,
was ich von ihm halte, sein Betragen
links und rechts ihm um die Ohren schlagen!

So auch eines Tages, er verhämte
meine Art, worüber ich mich grämte,
„Doofmann“ sagte, flüchtete, mich schämte.

Sonntag, 29. Juli 2007

Alltagsschlachten

Es erscheint mir immer wieder:
Menschen tanzen nackt.
Und ich weine stille Lieder,
ringe so das Mitleid nieder,
singe diesen Pakt.

Gott verfluchte mich mit Sehen:
Ringend bloßgestellt.
Meinen Augen alles Flehen
offenbart, die Kranken gehen
in die zweite Welt.

Was in Schärfe meinen Sinnen:
Humpelnd voller Stolz.
Wie die Zeiten euch verrinnen,
seht doch: Sie steh'n auf und spinnen
Gold zu stumpfem Holz.

Grausam, was die Sicht erfülle:
Stell Dich, Übel, dar!
Ich jedoch in meiner Hülle,
zeige euch, was dieser Fülle
Fluch und Segen war.